Das Geschütz: Eine 8,8 cm Schnelladekanone L/30 gab es in der kaiserlichen Marine seit den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts als Torpedobootsabwehrgeschütz auf Linienschiffen, Großen und
Kleinen Kreuzern. Sie blieb auf den älteren Schiffen auch bis weit in den 1. Weltkrieg an Bord. Ab ca. 1902 taucht dann aber auf den Überwasserschiffen eine 8,8 cm SK L/35 auf, die rasch über L/40, L/45 bis auf L/50
verbessert wurde. Das Kürzel L/... gibt hierbei den Faktor für die Rohrlänge zum Kaliberdurchmesser an, bei der 8,8 cm L/30 also eine Rohrlänge von 8,8 cm * 30 = 264 cm. Die 8,8 cm L/30 blieb aber auf sehr vielen
Torpedobooten während des Krieges im Dienst unter der Bezeichnung "TK" für "Torpedobootskanone". Sie wurde noch auf den Booten Baujahr 1914-1916 eingebaut. Das kurze Rohr erlaubte eine schnellere
Seitenrichtung. Im Krieg taucht auf einigen Booten die 8,8 cm Utof L/30 auf (Unterseeboots- und Torpedoboots-Flak). Hier wurde das ursprüngliche Geschütz auf eine neue Lafette gesetzt, die eine größere Höhenrichtung
erlaubte und eine Tauglichkeit für den Einsatz auf U-Booten brachte. In dieser Form ist sie auf vielen U-Booten eingesetzt gewesen. Auf vielen U-Booten ist sie in der Literatur auch als "UK" für
"U-Bootskanone" angegeben. Dabei handelt es sich wohl um die Utof-Version ohne die große Höhenrichtbarkeit für den Flak-Einsatz. Das Geschütz stand auf einer Mittelpivotlafette vor dem Turm. Es
handelte sich bei dem Geschütz um das System Ehrhardt, welches von der Firma Krupp entwickelt wurde. Ab dem Jahre 1916 wurde es von der Firma Rheinisch-Westfälische-Metalwaren & Maschinen-Fabrik (heute:
Rheinmetall) für die UB III-Klasse gebaut. Dies beweist der Aufdruck auf dem Bodenstück der Kanone: ”RHEIN. - METALLWAAREN & MASCHINENFABRIK ACTIENGESELLSCHAFT, DÜSSELDORF 1917, SYSTEM EHRHARDT, NR. 98”. Das
Geschütz hat an der Mündung vier 90 Grad Nuten, der Lauf 32 Züge, Fallblockverschluss, Rücklaufbremse und einen Federvorholer. Die einzelnen Granatpatronen hatten ein Gewicht von 8,15 kg inkl. Treibladung und
erreichten bei einer Rohrerhöhung von 45 Grad eine maximale Schussweite von 7000 m. Die Vo (=Anfangsgeschwindigkeit) war 616 m/sek.
Zu den drei Zahlen oberhalb des Verschlusses: “K. 16985” könnte sich auf die Gesamtzahl aller Erzeugnisse des Herstellers beziehen. Ab 1861 wurde eine Großzahl von Geschützen, vor allem die 8,8 cm
für die Armee und die Marine sowie das Ausland hergestellt. “M.99” könnte die Modellbezeichnung sein. “R.112” könnte für die Rücklaufbremse stehen (hier: Nr. 112) oder möglicherweise um den Rohrrücklauf von
112 cm, da ab 1897 Rücklaufbremsen eingeführt wurden.
Das U-Boot: Das Boot gehörte, wie bereits oben erwähnt, zum UB III - Typ und hatte die Bezeichnung “UB 61”. Nach heutigem Kenntnisstand lief “UB 61” am 29.11.1917 unter dem Kommandant Lt. z.Z.
Theo Schultz ca. 9 nm nördlich von Terschelling (Holland) als letztes von vier Booten gegen 21.00h auf eine von dem englischen U-Boot “E 51” gelegte Mine auf. Das Boot sinkt sofort. Der VP-Dampfer “DIRK VAN MINDEN”
läuft während der Rettungsaktion bei schwerem Wetter (9 Bft) selbst auf eine Mine und sinkt. Vom VP-Boot werden nur wenige, von “UB 61” niemand gerettet. Das U-Boot hatte am Turm die Baunummer “461”.
Zur Bergung: Nach der Ortung des Wracks “UB 61” 1985 durch ein niederländisches Taucherteam “Ecuador” wurde die Kanone 1987 gehoben und vom Bayerischen Armeemuseum erworben. In einer
Vereinbarung zwischen dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, der Niederländischen Regierung und der Bundesregierung wurde erklärt, das es nicht beabsichtigt ist, das Wrack zu bergen.
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